In den Medien hört man alle Jahre wieder Schreckensmeldungen über bevorstehende „Infektionswellen“: Vogelgrippe, Schweinegrippe oder Influenza.
In der Sprechstunde werde ich immer wieder gefragt, was man aktiv tun kann, um einen Infekt zu vermeiden oder sich zu wappnen, damit man ihm im Fall der Fälle mit einer starken Abwehr begegnen kann.
Hier habe ich ein paar praktische Tipps für Sie zusammengestellt.
Dass um uns herum und in unserem Körper Viren, Bakterien und Pilze sind, bedeutet nicht, dass wir krank werden. Solche Erreger sind allgegenwärtig. Das Wunderwerk Mensch verfügt über eine ganze Reihe von ausgeklügelten Abwehrmechanismen, die im Normalfall sehr gut funktionieren. Werden wir trotzdem krank, sind noch andere Faktoren im Spiel, auf die wir durchaus Einfluss haben:
- Bewegung in der Natur kann auch im Winter Freude machen.
Foto: Rainer Sturm / pixelio.de
Lifestyle.
Die beste Abwehr gegen Infekte leistet ein intaktes Immunsystem. Dazu können Sie einiges selbst beitragen: Regelmäßige Bewegung – auch in der kalten Jahreszeit, angemessene Umgebungstemperatur und Kleidung, ausgewogene Ernährung und ein typgerechter Lebensstil mit einem gesunden Verhältnis von Anspannung und Entspannung sind das A und O. Was typgerecht bedeutet, ergibt sich aus der 4-Elemente-Auswertung für jeden individuell.
Körper-Seele-Geist.
Mittlerweile weiß man um die enge Verzahnung von Immunsystem, Nervensystem und Hormonsystem. Daraus wird immer klarer, warum es für den Körper dienlich ist, das Seelenleben zu entlasten. Die Wissenschaft der Neuropsychoimmunologie deckt diese Zusammenhänge forschend auf. Insofern sind alle Methoden hilfreich, die die seelische Balance fördern.
Gemütsverfassungen mit hohem Stresslevel, wie beispielsweise Angst, sind kontraproduktiv für eine gesunde Abwehr. Wenn Sie nicht gerade zur Risikogruppe mit geschwächtem Immunsystem gehören, (durch Chemotherpaie oder Immunsupression oder bei schweren Vorerkrankungen), schaden Sie sich mehr als es Ihnen nützt, sich wegen eines drohenden oder bestehenden Infekts verrückt zu machen.Und wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören, ergreifen Sie bitte sinnvolle Maßnahmen ohne Panik. Falls Sie die Angst ergreift, suchen Sie sich geeignete Hilfe.
Meine Empfehlung: Vernünftige Vorsichtsmaßnahmen ja. Hysterie nein!
Hygiene.
Viel Leid durch Seuchen hätte man in früheren Epochen der Menschheitsgeschichte vermeiden können, wenn die Übertragungswege bekannt gewesen wären. Eine einfache und wirkungsvolle Maßnahme ist immer noch das Händewaschen: 30 Sekunden mit normaler Seife.
Desinfektionsmittel fürs tägliche Händewaschen zu nutzen, ist im normalen Hausgebrauch nicht sinnvoll. Sie zerstören damit den natürlichen Schutzmantel der Haut. Um diesen zu fördern, sind jetzt Handcremes – bitte zertifizierte Naturkosmetik – wichtig. Gesunde Haut trägt zur Infektabwehr mehr bei als spröde, trockene oder rissige Hände.
Noch ein praktischer Hygiene-Tipp: Fassen Sie sich unterwegs nicht so oft ins Gesicht. Erreger finden ihren Weg in den Körper am einfachsten von den Händen über die Schleimhäute von Auge, Nase und Mund.
Schleimhautbarriere.
Unsere Häute und Schleimhäute sind dafür gewappnet, Krankheitskeime abzuwehren, die in den Körper eindringen könnten. Die Schleimhäute müssen dazu feucht genug sein. Trinken Sie also hinreichend und lassen Sie die Luft in beheizten Räumen nicht austrocknen. Luftbefeuchter oder regelmäßiges Lüften sind zweckdienlich. Aber bitte lassen Sie die Räume nicht auf Nordpol-Niveau auskühlen. Das Wort Erkältung kommt von Kälte.
Falls Sie zu allergischen Reaktionen im Mund-/Nasen-/Rachenraum neigen, meiden Sie Ihre bekannten Allergene in dieser Zeit besonders konsequent, wenn das möglich ist.
Mikronährstoffe. Eine ausgewogene Rundumversorgung mit Mikronährstoffen unterstützt den Körper bei der Infektabwehr: Ich selbst gönne mir ganzjährig jeden Tag ein hochwertiges Vitalstoffpräparat, im Winter erhöhe ich die Dosis. Achten Sie generell darauf, dass Nahrungsergänzungsmittel aus natürlichen Quellen stammen und prüfen Sie die Zusammensetzung. Bei allen Multiprodukten sind Vitamin C und Magnesium im Bedarfsfall noch zusätzlich einzunehmen. Magnesium empfehle ich nur bei entsprechenden Beschwerden (z.B. Krampfneigung) und wenn Erdelement nicht im Übermaß vorhanden ist.
Vitamin C dient so vielen Stoffwechselprozessen und ist gleichzeitig ein Radikalenfänger, dass es in der naturheilkundlichen Behandlung von Infekten schon lange einen festen Platz einnimmt. Lösen Sie 3 Mal täglich eine Messerspitze in Flüssigkeit auf. Trinken Sie reichlich Wasser nach, damit der Zahnschmelz nicht unter der Säure leidet. Mit der Dosis können Sie großzügig umgehen. Was überschüssig ist, scheiden gesunde Nieren problemlos aus. Ich empfehle ein naturnahes Produkt zu verwenden, z.B. Acerola-Pulver. Hier bitte nicht sparen! Billiganbieter züchten Vitamin C auf Pilzkulturen im Labor.
Der Großteil der Bevölkerung in Mitteleuropa ist schon im Sommer mit dem Sonnenvitamin D unterversorgt! Im Winter fehlt die Sonne, wodurch noch weniger Vitamin D im Körper produziert wird. Sogar für jeden Gesunden sind 2.000 IE (internationale Einheiten) Vitamin D während der Wintermonate empfehlenswert und bei nachgewiesenem Mangel sollte die Dosis 6.000 IE täglich betragen. Ich lasse bei meinen Patienten alle drei Monate den OH25-Spiegel im Blut prüfen, wenn sie Vitamin D in hohen Dosen einnehmen. Für rund 20 Euro gewinnt man Sicherheit und therapiert nicht auf Verdacht.
Bei bestimmten Krankheitsbildern (z.B. Autoimmunerkrankungen) reicht ein Vitamin-D-Spiegel nicht aus, der nur in der Norm liegt. Sondern man therapiert an die obere Grenze des Referenzbereichs – selbstredend unter Kontrolle der Laborwerte. Vitamin-D ist ein billiges „Medikament“. Es ist kaum zu glauben, dass dennoch in weiten Teilen der Bevölkerung eine Unterversorgung besteht! Nebenwirkungen durch Überdosierung sind in der Praxis kaum zu beobachten. Allein bei Kindern sollte man den Kalziumspiegel im Auge behalten, wenn man über längere Zeit mehr als 4.000 IE täglich verabreicht. Besprechen Sie solche Maßnahmen im Vorfeld mit ihrem naturheilkundlich orientierten Kinderarzt.
In 12 Jahren Naturheilpraxis habe ich mich nicht ein einziges Mal bei einem Patienten angesteckt. Mein Geheimtipp für stabile Schleimhäute (denn hier treten die Erreger in den Körper ein – oder eben nicht!) ist Zink. 25 mg Zinkorotat täglich schützen die Schleimhäute. Wenn Sie diese Dosis über sechs Wochen oder länger einnehmen möchten, ist es notwendig, parallel Kupfer, Mangan, Kalzium und Eisen zuzuführen, damit das Verhältnis ausgewogen bleibt. Mit einem guten Multivitalstoffpräparat ist das Problem gelöst.
Bienen-Power.
Honig, Gelee Royal und Propolis wirken antientzündlich, antiviral und antibakteriell. Nicht nur der überteuerte Manuka-Honig kann Ihnen als effektive Unterstützung für Ihr Immunsystem dienen, sondern auch einheimische Sorten. Honig wirkt effektiv einer Entzündung der Schleimhäute im Mund entgegen, wie zahlreiche Studien belegen. Intakte Schleimhäute sind die beste Infektabwehr, weil die Erreger erst gar nicht eindringen können. Vorsicht ist natürlich bei Allergien auf Bienen-Gift geboten.
Gesunder Umgang.
Falls es dann doch zu einem Infekt gekommen ist, gibt es unterschiedliche Arten, damit umzugehen: Am wichtigsten ist es, den Körper in seiner Arbeit nicht zu behindern. Wägen Sie die Einnahme von unterdrückenden Medikamenten gewissenhaft ab. Das Laufen der Nase, das Abhusten des Schleims, die erhöhte Temperatur und andere Reaktionen sind sinnvoll und gesund. Sie helfen dem Organismus mit den Eindringlingen klarzukommen.
Ein gerütteltes Maß an Selbstfürsorge ist jetzt notwendig, damit Leistungsorientierung und Pflichtgefühl der Genesung nicht im Wege stehen. Lassen Sie Ihrem Körper ZEIT. Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht! Schalten Sie einen Gang zurück, stressen Sie Ihren Leib jetzt nicht mit Alkohol oder anderen Genussgiften und sorgen Sie für ausreichend Ruhe.
Medikamente.
Die naturheilkundliche Apotheke bietet kraftvolle und dennoch sanfte Arzneien zur Selbstmedikation. Sonnenhut (Echinacin) oder Umckaloabo stärken im Akutfall das Immunsystem. Die Anzahl der weißen Blutkörperchen wird erhöht und die Abwehrleistung dadurch gesteigert. Das Immunsystem in dieser Art anzuregen, ist oft eine äußerst hilfreiche Maßnahme. Vorsicht geboten ist allerdings bei Blutgruppe 0, wenn der Mensch gleichzeitig zu Überreaktionen des Immunsystems neigt, wie Allergien oder Autoimmunreaktionen. Sprechen Sie im Zweifel mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker.
Bei Infekten hat es sich bewährt frühzeitig ein pflanzliches Antibiotikum einzusetzen. Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel machen den Erregern in Bronchien und Nebenhöhlen den Garaus – ohne die Nebenwirkungen eines konventionellen Antibiotikums. Die Darmflora bleibt intakt und kann die Immunreaktion weiterhin unterstützen.
In meiner Praxis haben viele Patienten gute Erfahrungen mit den Präparaten der anthroposophischen Apotheke gemacht. Globuli aus Apis und Belladonna für beginnende Halsschmerzen oder Composita auf der Basis von Ferrum phosphoricum bei grippeähnlichen Symptomen haben sich seit Jahren bestens bewährt.
Praxistipp:
Nehmen Sie Homöopathika in Eigenregie? Falls die dritte Gabe noch keine Veränderung (seelisch, körperlich oder hinsichtlich des Allgemeinzustandes) gebracht haben sollte, beenden Sie die Einnahme. Sobald die Symptome weg sind, lassen Sie das Mittel ebenfalls sofort weg. Das nicht zu tun, sind die beiden häufigsten Fehler bei der Selbstmedikation mit homöopathischen Mitteln.
Ideal ist es, wenn ein erfahrener Homöopath das genau passende Kügelchen für Sie bestimmt. Denn damit können sich nicht nur die Erkältungssymptome auflösen, sondern auch seelische Dysbalancen und mitunter noch ganz andere Beschwerden – sozusagen als erfreuliche Nebenwirkung.
Je früher Homöopathie eingesetzt wird, desto rascher und umfassender kann sie wirken. Das Mittel für akute Beschwerden zu finden, ist in der Regel sehr viel einfacher und treffsicherer als für chronische Erkrankungen. Rasche Klarheit bringt im Zweifel ein kinesiologischer Test.
Ein beliebter Fehler – in der Selbstmedikation und auch in der Therapie – ist es, Homöopathika einzusetzen, wenn der Körper bereits auf einem guten Weg ist, die Krankheit zu bewältigen. Ist der Höhepunkt der Erkrankung überschritten und die Symptome sind im Abklingen, sind Geduld und Vertrauen in die Selbstheilungskräfte gefragt. Das ist sowohl für die Patienten als auch für die Homöopathen eine Herausforderung.
Hausmittel.
Ansteigende Fußbäder, Inhalationen, Wickel, Zwiebelsäckchen und vieles, was die Großmutter noch wusste, haben auch heute noch einen Stellenwert in der Behandlung von Erkältungskrankheiten verdient. Fragen Sie Ihre Oma oder recherchieren Sie im Internet. Tees z.B. mit Ingwer, Thymian oder Salbei sind die Klassiker für den wehen Hals. Kaufen Sie Produkte in Bioqualität (ohne Pestizidbelastung), legen Sie einen Deckel auf die Tasse, damit die ätherischen Öle nicht verdampfen, und gehen Sie maßvoll mit dem Arzneimittel Tee um.
Noch ein Praxis-Tipp:
Literweise und ganzjährig Kräutertees zu trinken, ist nicht sinnvoll. So mancher hat sich durch den übermäßigen Genuss von Kamillentee schon einer unfreiwilligen Arzneimittelprüfung von Chamomilla unterzogen. Kräutertees mit arzneilicher Wirkung sind genau das: wirkungsvolle Medikamente – und entsprechend gezielt und bewusst sollten sie eingesetzt werden.
Arzt:
Selbstverständlich konsultieren Sie Ihren Hausarzt, falls Ihre Beschwerden anhalten oder in ihrer Heftigkeit von den Ihnen bekannten Erkältungsbeschwerden abweichen. Seien Sie besonders wachsam, wenn Ihr Immunsystem durch Medikamente oder schwere Erkrankungen beeinträchtigt ist. Alle anderen vermeiden bitte jeden Anflug von Hysterie.
Dont´panic!
Sie sehen selbst: Wir haben (grippalen) Infekten einiges entgegenzusetzen, das nebenwirkungsarm und relativ kostengünstig gleichzeitig vielen anderen Krankheiten vorbeugt. Gehen Sie sorgsam und bewusst mit Ihrem Körper um!
Lesen Sie hier meinen noch immer aktuellen Bericht zur Grippehysterie in 2013:
Lohnenswert nur für die Hersteller
Erinnern Sie sich: Wochenlang wurde in Radio, TV und Zeitungen von der Vogelgrippe berichtet, so wie vormals vor der Schweinegrippe. Viele Menschen fühlten sich von der Erkrankung bedroht und einige hamsterten Medikamente, von denen sie im Ernstfall Hilfe erhofften. Die Grenzen zwischen Vorsorge, Panik und Hysterie waren zeitweise recht verschwommen. Und die Massenmedien trugen ihren Teil dazu bei.
Natürlich ist es tragisch, wenn Menschen an einer Infektion sterben. Aber in den Medien wurden diese Einzelfälle so dargestellt, als werde die Welt in kürze von einer schrecklichen Pandemie heimgesucht. In Windeseile wurden Medikamente produziert und auf Kosten der Steuerzahler auf Halde gelegt. Die Epidemie blieb dann aus und man fragt sich, ob wir das den Erzeugern von Tamiflu & Co zu verdanken haben.
Nun meldet der elektronische Nachrichtendienst der Frankfurter Allgemeine Zeitung faz.net einen ernüchternden Rückblick: Einen halben Tag Krankheitsgeschehen ersparten die teuren Arzneien den Patienten laut einer aktuellen Meta-Studie der Conchrane Collaboration. Im Durchschnitt litten die Betroffenen 6,5 statt 7 Tage an den Grippe-Symptomen. Und auch die befürchteten Komplikationen traten bei Menschen mit der Medikation nicht seltener auf als ohne.
Naturheilkundler fordern die Förderung von bewährten Heilpflanzen wie der Zistrose, deren Wirkstoffe nachweislich die Infektionsrate bei Grippe verringern, die Ausbreitung der Viren hemmen und die Krankheitsdauer deutlich verkürzen – und das zu einem Bruchteil der Kosten.
Erstveröffentlichung: Signal 2/2014 Haug-Verlag Stuttgart,
gekürzte Fassung für Lichtblick-Blog 2019